Tag 2 So 01.07.2007 24 km Vancouver, eine der schönsten Städte dieser Erde
(Vancouver)

Das Zweitbettzimmer teilte ich mit William. William ist Möbelpacker und hat heute wieder einen Umzug vor sich. Und das obwohl heute "Canada Day" war. Am Nationalfeiertag von Kanada wird der Zusammenschluss verschiedener Provinzen zu einer Konföderation im Jahre 1867 gefeiert. Sozusagen die Geburtsstunde Kanadas. Wir beide waren sehr früh auf und quatschten ziemlich lange. Nach einer Stunde musste William los und mich hielt auch nichts mehr im Zimmer.

Dennoch war es sehr früh für eine Stadtbesichtigung. Auf den Frühstückgutschein des Backpacker Hostels verzichtete ich, denn das Café öffnete erst um 8.30 Uhr. Also in etwa einer Stunde. Ich steuerte als erstes die zwei Tonnen schwere Dampfuhr an. Ein guter Orientierungspunkt, da sie nur 50 Meter von der Unterkunft entfernt ist. Anschließend schlenderte ich zur Waterfront, dem Uferbereich am Burrard Inlet, und suchte den Canada Place auf. Dieses schiffsähnliche Gebäude beherbergt heute ein Luxushotel mit Konferenzzentrum, sowie zwei Anlegestellen für Kreuzfahrtschiffe. Von dem weit in die Bucht herausragenden Pier hat man eine schöne Aussicht auf die Berge, den Hafen und die Gebäude in Ufernähe. Ich genoss die Ruhe und die Aussicht, bevor ich mich zur Robson Street begab.

Die Robson Street ist die pulsierende Lebensader von Vancouver. Designerläden, Restaurants, Bars und zahlreiche Cafés sind dort zu finden. Ein guter Ort, um zu frühstücken. Ich stärkte mich mit einem riesigen Milchkaffee und zwei Croissants und brach auf, um das Stadtzentrum von Vancouver näher zu erkunden. Als erstes ging ich zum Roedde Haus , ein über 100 Jahre altes Stadthaus im Herzen von Vancouver. Leider ist es nur nachmittags zu besichtigen und so setzte ich den Spaziergang fort. Entlang netter Geschäfte, einzelner Hochhäuser und massiven Steinkirchen gelangte ich zum Wallcenter. Die verspiegelten Glassfassaden des Finanzzentrums und die kleinen gepflegten Grünanlagen gefielen mir ausgesprochen gut.

Mein Weg führte mich über die Vancouver Art Gallery zurück zur Waterfront. Dort steht das Harbour Centre Building, welches wiederum eine Aussichtsplattform besitzt. Da muss ich selbstverständlich hoch. Nett ist, dass das Ticket den ganzen Tag gültig ist und man eventuell später noch einmal die schöne Aussicht von dort oben genießen kann. Hier konnte ich zum ersten Mal die gesamte Fotoausrüstung einsetzen. Weitwinkel, Teleobjektiv, Polfilter alles musste mal ausprobiert werden. Dies ist schließlich meine erste Reise mit einer Digitalkamera und Bilder kosten nichts mehr. Fast eine halbe Stunde verbrachte ich dort oben, bevor es weiter ging.

Als nächstes Ziel stand Chinatown auf dem Programm. Aber, wie fast immer, nicht auf dem direkten Weg, sondern ich lief zuerst zum interessanten Gebäude der Vancouver Public Library . Da das British Columbia Place Stadium, mit der größten luftgestützten Kuppelkonstruktion der Welt, sowie das Expo Gelände von 1986 auch auf dem Weg lagen, baute ich diese in den Stadtrundgang ein. Dort bietet die geodätische Kuppel des Science Museums einen schönen Blickfang. Mittlerweile ist es warm geworden und ich kam leicht verschwitzt in Chinatown an.

Da ich direkt auf den Dr. Sun Yat-Sen Garten in Chinatown traf, kaufte ich mir ein Ticket. Einen Schritt hinter dem Eingangstor war ich einer anderen Welt. Die Hektik der Großstadt blieb hinter mir und ganz entspannt ging ich durch den gepflegten Garten. Die chinesischen Gärten mit ihren Teichen, Bonsais und mit Bedacht angelegten Pflanzen gefallen mir recht gut. Ich genoss eine halbe Stunde lang die Ruhe, bevor ich mich ins Getümmel von Chinatown stürzte.

Vor dem Garten hielten chinesische Kanadier eine Ansprache zum Canada Day. Das mehrmals wiederholte "We are Canada" prägte sich mir ins Gehirn. Vancouver ist eine sehr multikulturelle Stadt. In fünf Minuten sieht man viele Menschen unterschiedlicher Herkunft, die es anscheinend schaffen, ohne große Spannungen miteinander zu leben. Daher dachte ich ein wenig über den Spruch nach und mir wurde klar, dass so gelebte Integration aussieht, in der man Initiative und Engagement für seine neue Wahlheimat ergreift.

Aber zurück zu Chinatown. Das Straßenbild änderte sich merklich. Chinesische Lampen, zweisprachige Straßenschilder und chinesische Schriftzeichen dominieren und das obligatorische Stadttor darf natürlich nicht fehlen. Ich schlenderte durch die East Pender Street, in der die Lebensmittelhändler ihre Waren feilboten und machte mich anschließend auf den Weg nach Gastown, dem ältesten Stadtviertel von Vancouver.

Auf dem Weg dorthin wollte ich das Police Centennial Museum besuchen. Leider hatte das Museum am Canada Day geschlossen. Gerne hätte ich dieses Kriminalmuseum mit den gerichtsmedizinischem Labor, den übel zugerichteten Leichenteilen und den sichergestellten Waffen besichtigt. Schade. In Gastown sah ich mir kurz das Denkmal von "Gassy" Jack Leighton, dem Stadtgründer von Vancouver an, bevor ich über die renovierten, alt englischen Gassen zurück zum Hostel ging. In diesem, nett herausgeputzten Stadtteil, gibt es viele Restaurant und ich beschloss hier heute Abend zu essen.

Im Hostel holte ich das Fahrrad und startete das Nachmittagsprogramm. Zuerst fuhr ich wieder zum Canada Place, um von dort entlang der Uferpromenade zum Stanley Park zu radeln. Der größte Stadtpark Nordamerikas ist eine Mischung aus gepflegten Parkanlagen und naturbelassener Wildnis. Am meisten interessierten mich die Totempfähle und deshalb steuerte ich diese als erstes an. Die farbenprächtigen Totems sind recht nett anzusehen. Anschließend wollte ich den Stanley Park zu umrunden. Allerdings hatten am heutigen Feiertag viele dieselbe Idee. Auf der Seawall Promenade war fast kein Durchkommen. Fahrradfahrer, Inline Skater, Fußgänger und die erlaubte Höchstgeschwindigkeit 15 km/h erschwerten das Vorankommen. So konnte ich den Park nur genießen, wenn ich stoppte. Dazu gab es zum Glück ausreichend viele Gelegenheiten.

Am Brockton Point konnte man den Blick über die Bucht von Vancouver schweifen lassen und dabei den regen Schiffsverkehr beobachten, oder das Denkmal der Meerjungfrau von Vancouver "Girl in Wet Suit" betrachten. Nur wenige Meter weiter trifft man auf einen Wasserspielplatz für Kinder. Und damit sich die Kinder nach dem Geplantsche nicht erkälten, wurde ein Kindertrockner installiert, der angeblich eine europäische Erfindung sei.

Der weitere Weg entlang der Küste war gesperrt, weil im Januar ein schwerer Sturm an der Küste wütete und zahlreiche Bäume entwurzelte. Ich suchte mir einen Weg durch den inneren Bereich des Parks und erreichte so den Beaver Lake. Hier wird der Park naturbelassener und an dem mit Seerosen bedeckten See lassen sich zahlreiche Tiere entdecken. In fünf Minuten Aufenthalt schwamm eine Entenfamilie vorbei, ein Reiher suchte nach Nahrung und ein pechschwarzes Grauhörnchen kreuzte meinen Pfad. Auf gut ausgebauten Wegen erreichte ich, über den "Hollow Tree", den Third Beach. Jetzt fuhr ich wieder auf der Uferpromenade und plötzlich gab es an einer Stelle kein Durchkommen. An der Küste stapelte ein Künstler mit ruhiger Hand Steine übereinander. Nicht nur ich, sondern auch die anderen Zuschauer, bewunderten die fertigen Skulpturen und die Ruhe des Künstlers.

Zum Abschluss der Runde um den Stanley Park fuhr ich an der "Lost Lagoon", einem ehemaligen Gezeitensee, vorbei und entschied ich mehr oder weniger spontan das Vancouver Aquarium Marine Science Center aufzusuchen. Als erstes führte mich der Rundgang in das Tropenhaus. Dort gab es statt Meeresbewohner zahlreiche bunte Schmetterlinge zu bewundern. Anschließend konnte ich bunte Korallen, Seesterne und Fische in den Aquarien sehen. Besonders beeindruckend waren die unzähligen Quallen, die in verschiedenen Farben leuchten. Es ist ein wirklich sehr schönes Aquarium und bringt einem die Unterwasserwelt der kanadischen Küsten anschaulich näher.

In den Außenanlagen kann man Delphine und Seelöwnen beobachten. Die Hauptattraktion des Aquariums sind aber die Beluga Wale . Diese beobachteten die Zuschauer und die Zuschauer beobachteten die Wale. Es ist faszinierend, wie anmutig die Wale im Wasser schwimmen und gelegentlich für ein Foto posierten. Auf die Tier-Shows verzichtete ich und begab mich stattdessen auf den Weg nach Granville Island.

Ich stieg aufs Fahrrad und radelte entlang weiterer Strände in Richtung Granville Island. Laut Touristeninformation fanden dort die meisten Freiluftveranstaltungen anlässlich des Canada Days statt. Mit einem Wassertaxi erreichte ich die Insel, fand den letzten freien Platz das Rad abzuschließen und stürzte mich ins Getümmel. An jeder Ecke zeigten Freiluftkünstler, wie Jongleure und Feuerschlucker, ihr Repertoire. Granville Island ist ein großer Markt. Ehemalige Lagerhallen, Fabrikgelände und Docks wurden renoviert und unzählige kleine Geschäfte zogen dort ein. Lebensmittel aus der Markthalle, Postkarten und Kunsthandwerk sind nur wenige Produkte, die man hier erstehen kann. Dort sah ich einige Cruising Fahrräder. Deren Anteil ist in Vancouver sehr hoch. Da ist mein Rad mit einem vorderen Gepäckträger tatsächlich exotischer.

Als sich die Hallen leerten, beendete ich die Besichtigungstour und fuhr zurück nach Gastown. Dort gönnte mir ein luxuriöses Abendessen. Das hatte ich mir nach diesem vollgepackten Besichtigungstag verdient und außerdem gab es heute nichts zu Mittag. Den Abschluss der Feierlichkeiten des Canada Days bildete das große Feuerwerk über der Bucht von Vancouver. Ich begab mich zum Canada Place, den Weg kannte ich ja bereits. Ich wartete 45 Minuten im dichtesten Gedränge, um anschließend das schöne Feuerwerk zu genießen. Für ein Bier war ich zu müde und ging zu Bett.


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